Balance zwischen Erwerbs- und Sorgearbeit: Rückblick auf ein inspirierendes 1. Forum Vereinbarkeit Beruf und Familie
Den Auftakt machte Landesrätin Cornelia Hagele, die die Bedeutung des Themas betonte. „Eltern sollen die Möglichkeit haben, Familie und Beruf bestmöglich zu vereinbaren – für mehr Chancengleichheit und unabhängig davon, ob sie in einem klassischen Angestelltenverhältnis, im Schichtdienst oder als Selbstständige tätig sind. Dazu braucht es moderne, anpassungsfähige Modelle in der Betreuung, von denen jedes Kind in Tirol profitiert. Die betriebliche Kinderbetreuung ist hier eine Win-win-Situation: Sie ermöglicht Müttern und Vätern, schneller in den Beruf zurückzukehren, und trägt gleichzeitig dazu bei, qualifizierte Fachkräfte in Tirol zu halten. Die derzeit 38 betrieblichen Kinderbetreuungseinrichtungen in Tirol zeigen, dass immer mehr Unternehmen die Vorteile erkennen und nutzen.“
Anschließend beleuchteten Nicole Eder (amg-tirol, Girls‘ Day) und Albert Witting (Männerberatung Mannsbilder, Boys‘ Day) aus unterschiedlichen Perspektiven die Frage, wer künftig die Fürsorgearbeit übernehmen wird. „Jede Stunde, die eine Frau an unbezahlter Care-Arbeit leistet, hindert sie daran, eine Stunde an bezahlter Arbeit nachzugehen“, brachte es Nicole Eder auf den Punkt. Albert Witting betonte: „Es kommen viele Burschen zu uns in die Beratungsstellen, die sich einen präsenteren Vater wünschen, der mehr Zeit für sie hat. Gleichzeitig ist eine Retraditionalisierung feststellbar und Burschen orientieren sich wieder vermehrt an einer klassischen Rollenverteilung. Wir unterstützen Burschen dabei, mit veränderten und widersprüchlichen Männlichkeitsanforderungen zurecht zu kommen.“
In der darauffolgenden Podiumsdiskussion diskutierten Nicole Ellinger (Wirtschaftskammer Tirol), Beatrix Hammer (Arbeitsmarktservice Tirol), Veronika Steger (Frauen* im Brennpunkt) und Michael Schallner (Vizebürgermeister Götzens/Diözese Innsbruck) über die notwendigen Voraussetzungen für eine bessere Vereinbarkeit.
„Wenn ich als Unternehmerin loyale Mitarbeitende haben möchte, dann muss ich auch auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen“, unterstrich Nicole Ellinger, selbst Hotelbetreiberin in Götzens, die Bedeutung eines mitarbeiterfreundlichen Arbeitsumfelds. Der Vizebürgermeister von Götzens, Michael Schallner, hob die Relevanz von Investitionen in die Kinderbetreuung hervor: „Jeder Cent, der in die Kinderbetreuung investiert wird, ist ein Investment in die Zukunft. Leider wird es für Gemeinden finanziell immer schwieriger, eine Ganztagesbetreuung anzubieten.“ Auf die hohe Belastung bei Frauen und ein erweitertes Verständnis von Arbeit ging Veronika Steger von Frauen* im Brennpunkt ein: „Wir müssen uns fragen, was Arbeit ist? Es ist eben nicht nur die bezahlte Erwerbsarbeit. Care-Arbeit und der daraus entstehende Mental Load sind auch Arbeit und die geschieht nicht nur unbezahlt, sondern oft auch ungesehen.“ Beatrix Hammer betont die gemeinsame Verantwortung in der Familie: „Es haben sich beide dazu entschieden, Kinder zu bekommen – also sollten auch beide Verantwortung übernehmen.“
Praxisnahe Workshops für konkrete Lösungen
Am Nachmittag fanden drei parallele Workshops statt, in denen die Teilnehmenden Lösungen für Unternehmen und Gemeinden entwickelten. Im ersten Workshop mit Simon Meinschad, Geschäftsführer von hollu Systemhygiene, diskutierten die Teilnehmer:innen darüber, welchen Wandel es in Unternehmen braucht. Im zweiten Workshop mit Michaela Köll vom Land Tirol, Abteilung Elementarbildung und Mirjam Reith vom Regionsmanagement Osttirol wurden verschiedene Modelle der Kinderbetreuung vorgestellt. Im dritten Workshop mit Veronika Steger von Frauen* im Brennpunkt wurde anhand von Fallbeispielen aus der Beratungspraxis beleuchtet, wie vielschichtig die Herausforderungen sind, denen Frauen im Spannungsfeld zwischen Beruf und Sorgearbeit begegnen.
Wichtiger Austausch und nächste Schritte
Viele Menschen engagieren sich in unterschiedlichen Bereichen für das Thema Vereinbarkeit, wie die Veranstaltung deutlich machte. Das Forum bot eine Plattform, um diese Menschen zusammenzubringen und soll im nächsten Jahr wiederholt werden. Die Ergebnisse der Veranstaltung fließen in die weiteren Aktivitäten der Initiative VerNetzT ein, die Lösungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Region Innsbruck-Land entwickelt.
Über VerNetzT – Vereinbarkeit Netzwerk Tirol
VerNetzT wurde im September 2024 vom Regionalmanagement Innsbruck-Land ins Leben gerufen, um neue Wege für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit zu finden. Die aus EU- und Landesmitteln geförderte LEADER-Initiative bietet Veranstaltungen, Workshops und Vernetzungsmöglichkeiten für Unternehmen, Gemeinden und Privatpersonen. Zudem werden Vereinbarkeitsbeauftragte ausgebildet, die vor Ort als Ansprechpersonen dienen.
Weitere Informationen
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Lisa Keiler
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vernetzt@regio-il.at